Sie war Deutschlands erste Herzlichkeitsbeauftragte: Mahsa Amoudadashi hat in einem renommierten Tagungshotel gearbeitet und dort eine Unternehmenskultur geschaffen, die Gäste begeistert. Beim Unternehmertag appellierte sie als Referentin an die Führungskräfte, ihre Mitarbeiter zu begeistern, nahm aber auch die Angestellten in die Pflicht.
Frau Amoudadashi, was war Ihre Aufgabe als Herzlichkeitsbeauftragte?
Ich sollte dafür sorgen, dass die Mitarbeiter noch herzlicher werden, damit die Augen der Gäste noch mehr leuchten. Aber darf ich Ihnen etwas verraten? Ich glaube nicht, dass man Herzlichkeit beibringen kann.
Warum nicht?
Herzlichkeit ist eine innere Einstellung, und sie erscheint in vielen Facetten. So gibt es die zurückhaltende Herzlichkeit oder jene, die ich in München lieben gelernt habe: die brummige Herzlichkeit. Wichtig ist es, authentisch zu bleiben. Denn es besteht ein großer Unterschied zwischen echter Herzlichkeit und antrainierter Freundlichkeit.
Was können Sie aber bewirken, wenn sich Herzlichkeit nicht steuern lässt?
Ich kann Menschen begeistern. Denn das ist übertragbar. Wenn ich für etwas brenne, werde ich auch Begeisterung bei anderen schaffen. Die Aufgabe von Führungskräften ist es, ein Umfeld der Begeisterung zu schaffen, damit die Mitarbeiter wiederum die Kunden begeistern.
Daran scheitern offenbar viele. Laut einer Gallup-Studie fühlen sich 70 Prozent der Menschen gering mit ihrem Arbeitgeber verbunden. Nur 15 Prozent sind hoch motiviert.
Ich kenne die Zahlen und finde sie erschreckend: für die Unternehmer, weil Mitarbeiter erfolgsentscheidend sind, aber auch für die Arbeitnehmer. Denn Arbeitszeit ist Lebenszeit. Dieses Ergebnis ist im Alltag leider auch sichtbar – an Körperhaltung, Mimik, Stimme von Angestellten.
Woran liegt das?
Ich führe das Verhalten in der Regel auf die Führung zurück. Denn Mitarbeiter gehen mit Kunden so um, wie mit ihnen im Unternehmen umgegangen wird. Die Vorbildfunktion von Führungskräften ist enorm wichtig. Aber auch die Mitarbeiter müssen sich an die Nase fassen.
Zum Beispiel?
Beide Seiten müssen die eigene Einstellung hinterfragen. Mit Null-Bock-Stimmung lässt sich niemand begeistern. Jeder kann sich bewusst entscheiden, den Fokus auf das Positive zu richten und weniger zu jammern. Denn Jammern ist – wie Begeisterung – übertragbar. Auch auf die Gesundheit. Menschen, die viel jammern, sind öfter krank.
Wie lässt sich Nörgelei im Betrieb reduzieren?
Wo ich gearbeitet habe, wurde ein Ideenblatt eingeführt. Mitarbeiter sollten dort monatlich einen Verbesserungsvorschlag einbringen. Ich hab mich überfordert gefühlt und das meiner Chefin mitgeteilt. Sie hat geantwortet: „Ich entbinde dich von dieser Aufgabe, aber dann, Masha, will ich kein Wort der Nörgelei mehr hören.“ Da habe ich doch lieber Vorschläge eingebracht.
Was ist noch wichtig?
Den Mitarbeitern Aufmerksamkeit entgegenzubringen und sich – das ist die Königsdisziplin – in ihre Gefühlswelt hineinzuversetzen. Wertschätzung ist ein großes Führungsthema, aber auch, Verantwortung abzugeben.
Viele drücken sich aber vor Verantwortung.
Das stimmt – weil sie Angst davor haben, für Fehler bestraft zu werden. Deshalb sollten Unternehmen auch eine Fehlerkultur zulassen. Wir haben im Unternehmen immer einen Fehler des Monats gekürt. Wir haben uns bei demjenigen, dem ein gravierender Fauxpas unterlaufen ist, in einer Zeremonie bedankt, ihm ein Präsent überreicht und mit Champagner auf den Fehler angestoßen.
Fühlt man sich da als Betroffener nicht veräppelt?
Gar nicht. Nur wer über Fehler spricht, sorgt dafür, dass sie sich nicht ständig wiederholen. Und in so einem Klima übernehmen Menschen gerne Verantwortung, weil das an Vertrauen gekoppelt ist. Ich versichere Ihnen: Derjenige wird alles tun, sie nicht zu enttäuschen.